Zerebrale Sinus- und Venenthrombosen

Sicherheit und Wirksamkeit von Dabigatran im Vergleich zu Warfarin


Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer kleinen Sicherheitsstudie war Dabigatran 2-mal 150 mg täglich bei der Behandlung der zerebralen Sinus- und Venenthrombose genau so sicher wie eine Therapie mit dosisadjustiertem Warfarin.

Zerebrale Sinus- und Venenthrombosen sind selten und kommen in einer Häufigkeit von 1,5 pro 100 000 Personen pro Jahr vor. In der Akutphase kann es zu fokalen neurologischen Ausfällen, epileptischen Anfällen und bei der Hälfte der Patienten zu intrazerebralen Blutungen kommen. Die Therapie in der Akutphase besteht in der Gabe von unfraktioniertem Heparin oder niedermolekularem Heparin. Die Rezidivprophylaxe erfolgte bisher mit Vitamin-K-Antagonisten wie Warfarin. Dabigatran ist ein direkter Thrombinantagonist, der für die Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern und zur Prophylaxe und Therapie von tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien zugelassen ist. Bisher ist nicht bekannt, ob Dabigatran bei Patienten mit zerebraler Sinusvenenthrombose ein gutes Sicherheitsprofil aufweist.

Studiendesign

Bei der RE-SPECT-CVT-Studie (Tab. 1) handelte es sich um eine prospektive, randomisierte, offene Parallelgruppenstudie mit verblindeter Evaluation der Endpunkte. Die Studie wurde an 51 Schlaganfallzentren in neun Ländern durchgeführt. Einschlusskriterium war ein Alter zwischen 18 und 79 Jahren und die Diagnose einer zerebralen Sinusvenenthrombose durch Kernspintomographie mit Kernspinvenographie oder durch Computertomographie mit CT-Venographie. Patienten mit zerebralen Blutungen konnten in die Studie eingeschlossen werden. Die Patienten wurden nach einer initialen Phase von fünf bis 15 Tagen, in der Heparin oder niedermolekulares Heparin eingesetzt wurde, entweder mit 2-mal 150 mg Dabigatran oder Warfarin mit einer INR zwischen 2,0 und 3,0 behandelt.

Tab. 1. Studiendesign [nach Ferro et al. 2019]

Erkrankung

Zerebrale Sinusvenenthrombose

Studientyp/Design

Randomisiert, open Label, Sicherheitsstudie

Patienten

120

Intervention

  • Dabigatran 2-mal 150 mg/Tag
  • Warfarin

Primärer Endpunkt

Häufigkeit schwerwiegender Blutungskomplikationen oder erneuter venöser Thrombosen

Sponsor

Boehringer Ingelheim

Studienregisternummer

NCT 02913326 (ClinicalTrials.gov)

Der primäre Endpunkt der Studie war die Häufigkeit schwerwiegender Blutungskomplikationen oder erneuter venöser Thrombosen. Dies umfasste nicht nur rezidivierende Sinusvenenthrombosen, sondern auch tiefe Beinvenenthrombosen und Lungenembolien. Sekundärer Endpunkt war die Zahl der Patienten, bei denen es zu einer Rekanalisierung der zerebralen Sinusvenenthrombose kam.

Ergebnisse

In die Studie wurden 120 Patienten aufgenommen, davon jeweils 60 in der Dabigatran-Gruppe und 60 in der Warfarin-Gruppe. 55 % waren Frauen und bei 30 % bestand eine zerebrale Blutung. Bei den meisten Patienten war der Sinus sagittalis superior oder der Sinus sigmoideus betroffen. Leitsymptome waren Kopfschmerzen, epileptische Anfälle, Sehstörungen und Paresen. Bei 10 % der Patienten bestand eine Stauungspapille.

In der 24-wöchigen Studienphase wurden keine Rezidive von Sinusvenenthrombosen beobachtet. In der Dabigatran-Gruppe kam es zu einer schwerwiegenden Blutungskomplikation, in der Warfarin-Gruppe zu zwei Blutungskomplikationen. Bei 33 Patienten in der Dabigatran-Gruppe entsprechend 60 % kam es zu einer Rekanalisierung der Sinus- oder Venenthrombose und bei 35 Patienten in der Warfarin-Gruppe (67,3 %).

Fazit

Zusammengefasst ist die Rezidivrate bei zerebralen Sinusvenenthrombosen sehr niedrig. Im Rahmen der 24-wöchigen Studienphase kam es weder unter Dabigatran noch unter Warfarin zu einem Rezidiv der Sinusvenenthrombosen. In beiden Behandlungsarmen bestand nur ein sehr geringes Risiko für schwerwiegendere Blutungskomplikationen.

Kommentar

Die RE-SPECT-CVT-Studie war eine kleine Sicherheitsstudie, in der Dabigatran mit Warfarin verglichen wurde. Dabigatran hat den Vorteil, dass es in fixer Dosis gegeben wird und keine Kontrollen des Gerinnungssystems notwendig sind. Die beiden Antikoagulationsstrategien unterschieden sich nicht bezüglich der Sicherheit. Um einen Unterschied in der Wirksamkeit zu belegen, war die Studie deutlich zu klein. Als Wirksamkeit ließe sich die Verhinderung von Rezidiven der Sinusvenenthrombose definieren. Für eine solche Studie wäre allerdings eine Fallzahl von 1600 Patienten notwendig, was bei der seltenen Erkrankung in der Praxis nicht umzusetzen ist.

Quelle

Ferro JM, et al. Safety and efficacy of dabigatran etexilate vs dose-adjusted warfarin in patients with cerebral venous thrombosis: A randomized clinical trial. JAMA Neurol 2019 Sep 3; doi: 10.1001/jamaneurol.2019.2764.

Arzneimitteltherapie 2019; 37(12):452-467