Neuer GLP-1-Rezeptoragonist

Semaglutid reduziert auch das kardiovaskuläre Risiko


Veröffentlicht am: 30.04.2020

Dr. Peter Stiefelhagen, Starnberg

Semaglutid ist ein GLP-1-Rezeptoragonist, der nur einmal wöchentlich injiziert werden muss. In einem umfangreichen Studienprogramm (SUSTAIN) konnte eine gute Wirksamkeit bezüglich HbA1c-Wert, Blutdruck und Körpergewicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus wird auch das kardiovaskuläre Risiko signifikant reduziert. Die Ergebnisse dieser Studien wurden im Rahmen einer von der Firma Novo Nordisk veranstalteten Pressekonferenz vorgestellt.

Die Einführung der GLP-1-Rezeptoragonisten hat die medikamentöse Diabetestherapie wesentlich bereichert. Sie bieten nicht nur eine Verbesserung der Blutzuckerkontrolle, sondern senken auch den Blutdruck und das Körpergewicht und somit das kardiovaskuläre Risiko, wobei das Ausmaß dieser Effekte bei den verschiedenen Substanzen unterschiedlich ist. Deshalb wird ihr Einsatz in dem EASD/ADA-Konsensus-Update 2019 und der aktualisierten ESC-Leitlinie 2019 jetzt primär in Kombination mit oder auch ohne Metformin bei allen Typ-2-Diabetikern mit einer manifesten KHK oder einem erhöhten kardiovaskulären Risiko empfohlen. Auch sollte dann, wenn die orale Medikation nicht mehr ausreicht und der Einstieg in eine injizierbare Medikation erforderlich wird, eine solche immer mit einem GLP-1-Rezeptoragonisten statt einem Basalinsulin erfolgen.

Umfangreiches Studienprogramm mit Semaglutid

Mit Semaglutid (Ozempic®) steht jetzt ein neuer GLP-1-Rezeptoragonist zur Verfügung, der nur 1-mal pro Woche injiziert werden muss. Die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Substanz wurden in acht Phase-IIIa-Studien bei insgesamt 4792 Patienten untersucht. Im weltweiten klinischen Entwicklungsprogramm SUSTAIN bestehend aus elf Phase-III-Studien wurden insgesamt mehr als 10 000 Patienten mit Typ-2-Diabetes eingeschlossen.

In den Studien SUSTAIN 1–5 konnte gezeigt werden, dass Semaglutid im Vergleich zu Placebo den HbA1c-Wert und das Körpergewicht stärker senkt [7]. Dies gilt ebenfalls im Vergleich zu Sitagliptin [2], Depot-Exenatid [1], Insulin glargin [3] und zu einem Basalinsulin [6]. Auch im Vergleich mit Dulaglutid erwies sich Semaglutid in der SUSTAIN-7-Studie als überlegen. Im direkten Vergleich zeigte sich eine stärkere Senkung des HbA1c-Werts unter Semaglutid. Bis zu 79 % der Typ-2-Diabetiker erreichten mit Semaglutid 1 mg einmal wöchentlich einen HbA1c-Wert < 7 %, unter Dulaglutid waren es nur 67 %. Auch war die Gewichtsabnahme doppelt so hoch [5].

Verbesserung der kardiovaskulären Endpunkte

Dass diese Effekte auch das kardiovaskuläre Outcome günstig beeinflussen, dafür sprechen die Daten der SUSTAIN-6-Studie (Tab. 1), einer kardiovaskulären Endpunktstudie. In dieser doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie wurden Patienten ≥ 50 Jahre mit bestehender kardiovaskulären Erkrankung oder Patienten ≥ 60 Jahre mit mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor über zwei Jahre mit Semaglutid oder Placebo behandelt. Als primärer Endpunkt der Studie wurde die Zeit bis zum Auftreten eines dieser drei Ereignisse festgelegt: kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Schlaganfall oder nichttödlicher Herzinfarkt (3-Punkt-MACE). Mit Semaglutid 1 mg konnte das Risiko für ein solches Ereignis während der 2-jährigen Beobachtungszeit um 26 % gesenkt werden (Hazard-Ratio [HR] 0,74; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,58–0,95; p < 0,001 für Nichtunterlegenheit; p = 0,02 für Überlegenheit). Während unter Placebo 8,9 % der Patienten diesen Endpunkt erreichten, waren es unter Semaglutid nur 6,6 %. Beim nichttödlichen Schlaganfall betrug die Risikoreduktion 39 % (p = 0,04) und beim nichttödlichen Myokardinfarkt 26 % (p = 0,12). Kardiovaskuläre Todesfälle waren in beiden Gruppen ähnlich häufig. Insgesamt wurde mit Semaglutid ein kardiovaskuläres Ereignis bei jedem 45. Patienten innerhalb von zwei Jahren verhindert. Das durchschnittliche Körpergewicht sank von 92,1 kg auf 87,2 kg, unter Placebo blieb es konstant. Der HbA1c-Wert konnte um 1,4 Prozentpunkte gesenkt werden [4]. Diese Daten führten zur Anerkennung eines Zusatznutzens durch den G-BA. Insgesamt zeigte Semaglutid in dem umfangreichen Studienprogramm ein ähnliches Sicherheitsprofil wie andere GLP-1-Rezeptoragonisten.

Tab. 1. Studiendesign SUSTAIN 6 [4]

Erkrankung

Diabetes mellitus Typ 2

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind, Phase III

Patienten

3297

Intervention

Semaglutid (1,0 oder 0,5 mg/Woche)

Placebo

Primärer Endpunkt

Kardiovaskulärer Tod, nichttödlicher Schlaganfall oder nichttödlicher Herzinfarkt

Sponsor

Novo Nordisk

Studienregisternummer

NCT 01720446
(ClinicalTrials.gov)

Fazit

Semaglutid ist ein neuer GLP-1-Rezeptoragonist, der nur einmal wöchentlich injiziert werden muss. In einem umfangreichen Studienprogramm (SUSTAIN-Studien) konnte die Substanz nicht nur eine überzeugende Wirkung auf HbA1c-Wert, Blutdruck und Körpergewicht unter Beweis stellen. Vielmehr konnte in einer kardiovaskulären Outcome-Studie auch das kardiovaskuläre Risiko gesenkt werden: Bei einem von 45 Patienten wird durch eine 2-jährige Therapie mit Semaglutid ein kardiovaskuläres Ereignis verhindert.

Quelle

Prof. Jens Aberle, Hamburg, Dr. Markus Menzen, Bonn; Pressekonferenz „Blutzucker, Gewicht und Herz: Typ-2-Diabetes mit Ozempic® umfassend therapieren“, Dresden, 31. Januar 2020, veranstaltet von Novo Nordisk.

Literatur

1. Ahmann A, et al. Diabetes Care 2018;41:258–66.

2. Ahrén B, et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2017;5:341–54.

3. Aroda VR, et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2017;5:355–66.

4. Marso SP, et al. N Engl J Med 2016;375:1834–44.

5. Pratley RE, et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2018;6:275–86.

6. Rodbard H, et al. J Clin Endocrinol Metab 2018;103:2291–301.

7. Sorli C, et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2017;5:251–60.


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Arzneimitteltherapie 2020; 38(05):216-223