Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Erhöhtes LDL-Cholesterin ist ein nachgewiesener und modifizierter Risikofaktor für kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen. LDL-Cholesterin spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der koronaren Herzerkrankung und des ischämischen Insults.
Statine werden am häufigsten zur Behandlung erhöhter LDL-Cholesterin-Werte eingesetzt. Die bisherigen Metaanalysen zur Frage der Wirksamkeit der Statine benutzen als primären Endpunkt die Kombination aus ischämischem Insult und zerebraler Blutung. In der vorliegenden Metaanalyse sollte der primäre Endpunkt die Reduktion ischämischer Insulte sein.
Die Autoren führten eine Literaturrecherche bis November 2018 durch. Sie berücksichtigten Studien, welche die folgenden Kriterien erfüllten: Erwachsene Personen, randomisiertes kontrolliertes Design und Outcome-Daten zu ischämischen Schlaganfallereignissen.
Ergebnisse
Vier Studien zur Primärprävention und vier Studien zur Sekundärprävention erfüllten die Auswahlkriterien der Autoren.
Eine lipidsenkende Therapie mit Statinen war mit einem geringeren Risiko für einen ischämischen Schlaganfall in der Primärprävention assoziiert. Das Risikoverhältnis (RR) betrug 0,70 mit einem 95%-Konfidenzintervall (KI) von 0,60 bis 0,82 (p < 0,001). In der Sekundärprävention betrug das RR 0,80 mit einem 95%-KI von 0,70 bis 0,90 (p < 0,001). Es zeigte sich eine lineare Beziehung zwischen der absoluten Risikoreduktion eines ischämischen Schlaganfalls und der erreichten LDL-Cholesterin-Spiegel in der Sekundärprävention (angepasstes R-Quadrat 0,90).
Kommentar
Die vorliegende Metaanalyse zeigt, dass Statine sowohl in der Primärprävention als auch in der Sekundärprävention des ischämischen Insults wirksam sind. Für die Sekundärprävention fand sich eine lineare Beziehung zwischen Senkung des LDL-Cholesterin-Spiegels und der Reduktion von Schlaganfällen. Die meisten Studien wurden mit Simvastatin, Atorvastatin und Rosuvastatin durchgeführt. Weiterhin ist aber der untere Grenzwert des LDL-Cholesterins, der angestrebt werden sollte, nicht durch randomisierte Studien belegt. Wichtig ist die Beobachtung, dass niedrigere LDL-Cholesterin-Spiegel unter einer Behandlung mit Statinen nicht zu mehr Nebenwirkungen führen als höhere LDL-Spiegel. Die Ergebnisse zu den neuen PCSK9-Hemmern, die bei Patienten benutzt werden, bei den mit Statinen keine ausreichende Reduktion des LDL-Cholesterins erreicht wird, haben widersprüchliche Ergebnisse bezüglich der Reduktion ischämischer Insulte gezeigt. In der FOURIER-Studie mit Evolocumab ergab sich keine signifikante Reduktion für ischämische Insulte (relative Risikoreduktion 25 %; p = 0,1) [1]. In der ODYSSEY-Studie mit Alirocumab bei Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom zeigte sich eine signifikante relative Risikoreduktion von 27 % für ischämische Insulte [2]. Angesichts der hohen Kosten sind die PCSK9-Hemmer allerdings im Moment keine Behandlungsoption für die Sekundärprävention des ischämischen Insults.
Quelle
Milionis H, et al. Statin-based therapy for primary and secondary prevention of ischemic stroke: A meta-analysis and critical overview. Int J Stroke 2020;15:377–84.
Literatur
1. Sabatine MS, et al. Evolocumab and clinical outcomes in patients with cardiovascular disease. N Engl J Med 2017;376:1713–22.
2. Schwartz GG, et al. Alirocumab and cardiovascular outcomes after acute coronary syndrome. N Engl J Med 2018;379:2097–107.
Arzneimitteltherapie 2020; 38(09):377-389