Die randomisierte kontrollierte OMEMI-Studie

Auswirkungen von Omega-3-Fettsäure-Präparaten bei älteren Patienten nach Myokardinfarkt


Veröffentlicht am: 21.01.2021

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten Studie mit älteren Patienten, die einen Myokardinfarkt erlitten hatten, führte die tägliche Gabe von 1,8 g Omega-3-Fettsäuren im Vergleich zu Placebo zu keiner Reduktion schwerwiegender vaskulärer Endpunkte und der Sterblichkeit. Unter den Omega-3-Fettsäuren kam es tendenziell zu einer vermehrten Häufigkeit von Vorhofflimmern.

In der Vergangenheit hatten einige epidemiologische Studien einen Zusammenhang zwischen hohem Fischkonsum und einer Reduktion vaskulärer Erkrankungen gezeigt. In der Folgezeit wurde dann eine Vielzahl von randomisierten Studien zum Einsatz von Omega-3-Fettsäuren sowohl in der Primär- wie in der Sekundärprävention durchgeführt. Diese Studien hatten allerdings sehr widersprüchliche Ergebnisse. Die American Heart Association empfiehlt trotzdem Omega-3-Fettsäuren in der Sekundärprävention bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung. Die vorliegende Studie untersuchte ältere Patienten, die gerade einen Myokardinfarkt überstanden hatten.

Studiendesign

Die Studie wurde mit der Hypothese durchgeführt, dass die tägliche Zugabe von 1,8 g Omega-3-ungesättigten Fettsäuren (PUFA) bei älteren Patienten, die einen Myokardinfarkt überlebt hatten, das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse reduziert.

Die Omega-3-Fettsäuren-Studie bei älteren Menschen mit Myokardinfarkt (OMEMI) war eine Investigator-initiierte, multizentrische, randomisierte klinische Studie, bei der 1,8 g Omega-3-Fettsäuren (930 mg Eicosapentaensäure und 660 mg Docosahexaensäure) mit Placebo (Maisöl) verglichen wurden.

Es handelte sich um 70- bis 82-jährige Patienten mit einem Herzinfarkt, der zwischen zwei und acht Wochen zurücklag (Tab. 1).

Tab. 1. Studiendesign OMEMI [Kalstad et al. 2020]

Indikation

Prävention nach Myokardinfarkt

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind

Patienten

1027 randomisiert

Intervention

  • Omega-3-Fettsäuren
    1,8 g/Tag
  • Placebo

Primärer Endpunkt

Kombination von nichttödlichem Myokardinfarkt, ungeplanter Revaskularisierung, Schlaganfall, Tod jedweder Ursache und Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz innerhalb von zwei Jahren

Sponsor

Oslo University Hospital

Studienregisternummer

NCT 01841944

(ClinicalTrials.gov)

Der primäre Endpunkt war eine Kombination von nichttödlichem Myokardinfarkt, ungeplanter Revaskularisierung, Schlaganfall, Tod jedweder Ursache und Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz innerhalb von zwei Jahren. Der sekundäre Endpunkt war neu aufgetretenes Vorhofflimmern. Der Sicherheitsendpunkt umfasste schwerwiegende Blutungen.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 1027 Patienten randomisiert. Das mittlere Alter betrug 75 Jahre, 294 Teilnehmer (29 %) waren weiblich und die mittleren Triglycerid-Serumspiegel betrugen 111,4 g/dl. 86 % der Patienten erhielten eine duale Thrombozytenfunktionshemmung, und 18 % waren antikoaguliert, 96 % erhielten ein Statin und 72 % eine antihypertensive Therapie.

Beim primären Endpunkt zeigte sich zwischen den beiden Armen kein signifikanter Unterschied (Tab. 2).

Tab. 2. Studienergebnisse OMEMI [Kalstad et al. 2020]

Endpunkt

Omega-3-PUFA

Placebo

Primärer Endpunkt 1

108 Patienten
(21,4 %)

102 Patienten
(20,0 %)

HR 1,08; 95%-KI 0,82–1,41; p = 0,60

Neu auftretendes Vorhofflimmern

28 Patienten
(7,2 %)

15 Patienten
(4,0 %)

HR 1,84; 95%-KI 0,98–3,45; p = 0,06

Mittlere Veränderung der Eicosapentaensäure-Serumspiegel

+ 87 %

– 13 %

Mittlere Veränderung der Docosahexaensäure-Serumspiegel

+ 16 %

– 8 %

1 Kombination von nichttödlichem Myokardinfarkt, ungeplanter Revaskularisierung, Schlaganfall, Tod jedweder Ursache und Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz innerhalb von zwei Jahren. HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall

Schwerwiegende Blutungen traten bei 54 Patienten (10,7 %) und 56 Patienten (11,0 %) in der Omega-3-PUFA- bzw. Placebo-Gruppe auf (p = 0,87). In der Omega-3-PUFA-Gruppe kam es tendenziell häufiger zu neu auftretendem Vorhofflimmern.

Kommentar

Die vorliegende randomisierte Studie zeigt keinen Nutzen einer Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren bei älteren Patienten mit kurzzeitig zurückliegendem Myokardinfarkt. Als Nebenwirkung fand sich eine tendenziell erhöhte Rate an Vorhofflimmern. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu der REDUCE-IT-Studie.

In der REDUCE-IT-Studie erhielten 8179 Patienten mit Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes mellitus entweder zweimal täglich 2 g Icosapent-Ethyl (gesamte Tagesdosis, 4 g) oder Placebo [1]. Den primären Endpunkt, die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem Myokardinfarkt, nichttödlichem Schlaganfall, koronarer Revaskularisierung oder instabiler Angina pectoris erreichten 17,2 % der Patienten in der Icosapent-Ethyl-Gruppe, im Vergleich zu 22,0 % der Patienten in der Placebo-Gruppe (HR 0,75). In der Verum-Gruppe trat signifikant häufiger Vorhofflimmern auf.

Bisher lagen die Ergebnisse von 14 randomisierten Studien zum Einsatz von Omega-3-Fettsäuren zur Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse vor. Eine Metaanalyse mit 127 477 Teilnehmen fand eine signifikante Risikoreduktion von Myokardinfarkten um 8 %, kardiovaskulärem Tod von 8 % und schwerwiegenden kardiovaskulären Erkrankungen von 5 % zugunsten der Omega-3-Fettsäuren [3]. Eine zweite Metaanalyse mit 125 763 Patienten verglich Studien, bei denen mehr oder weniger als 1 g Omega-3-Fettsäuren eingesetzt wurden. Diese Metaanalyse fand einen therapeutischen Nutzen nur für die hohen Dosierungen von Omega-3-Fettsäuren für kardiovaskuläre Ereignisse [4]. Die jetzt aktuell publizierten Studien fanden allerdings keinen Nutzen der Omega-3-Fettsäuren [2, 5].

Es bleibt abzuwarten, welche Empfehlungen in den neuen Leitlinien zur Primär- und Sekundärprävention von Herzinfarkt und Schlaganfall ausgesprochen werden.

Quelle

Kalstad AA, et al. Effects of n-3 fatty acid supplements in elderly patients after myocardial infarction: A randomized controlled trial. Circulation 2020; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.120.052209.

Literatur

1. Bhatt DL, et al. Cardiovascular risk reduction with icosapent ethyl for hypertriglyceridemia. N Engl J Med 2019;380:11–22.

2. Bischoff-Ferrari HA, et al. Effect of vitamin D supplementation, omega-3 fatty acid supplementation, or a strength-training exercise program on clinical outcomes in older adults: The DO-HEALTH randomized clinical trial. JAMA 2020;324:1855–68.

3. Hu Y, et al. Marine omega-3 supplementation and cardiovascular disease: An updated meta-analysis of 13 randomized controlled trials involving 127477 participants. J Am Heart Assoc 2019;8:e013543.

4. Lombardi M, et al. Impact of different doses of omega-3 fatty acids on cardiovascular outcomes: a pairwise and network meta-analysis. Curr Atheroscler Rep 2020;22:45.

5. Nicholls SJ, et al. Effect of high-dose omega-3 fatty acids vs corn oil on major adverse cardiovascular events in patients at high cardiovascular risk: The STRENGTH randomized clinical trial. JAMA 2020; doi: 10.1001/jama.2020.22258.

Arzneimitteltherapie 2021; 39(01):25-37