Dr. Stefan Fischer, Stuttgart
Die Veränderungen der Leber bei der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) werden durch genetische Faktoren, Umweltbedingungen und das metabolische Syndrom ausgelöst. Daher ersetzt die Bezeichnung metabolisch-assoziierte Fettlebererkrankung mittlerweile die alte Bezeichnung NAFLD. Die Erkrankung tritt zunehmend häufig auf und hat hohe klinische Relevanz.
Wie kann man die Patienten erkennen?
Betroffene Patienten zeigen erhöhte Leberwerte, Komponenten eines metabolischen Syndroms oder haben kardiovaskuläre Erkrankungen. Oft liegt auch ein Zufallsbefund vor (erhöhter Fettgehalt der Leber in einer Bildgebung).
In der Anamneseerhebung muss der Arzt prüfen, ob Vorerkrankungen vorliegen. Welche Medikamente nimmt der Patient ein? Bauchumfang, Gewicht, BMI, Blutdruck? Ist ein relevanter Alkoholkonsum vorhanden (30g/Tag bzw. 20g/Tag bei Männern bzw. Frauen)?
Liegt der GOT-Wert (Aspartat-Aminotransferase) über dem GPT (Alanin-Aminotransferase) oder verbessert sich der γ-GT-Wert (Gamma-Glutamyltransferase) bei einer Alkoholkarenz? Dann sind dies eher Anzeichen für eine alkoholische Fettleber.
Für eine Diagnose der NAFLD müssen anderer Lebererkrankungen ausgeschlossen werden. Arzneimittel können zum Beispiel ebenfalls eine Fettlebererkrankung verursachen. Die Sonographie kann die Diagnose unterstützen. Der Goldstandard zu Abklärung ist jedoch die Histologie.
Wann sollte eine Biopsie erfolgen?
Bei Verdacht auf eine metabolisch-assoziierte Fettlebererkrankung beziehungsweise eine Fibrose oder Zirrhose sollte biopsiert werden. Verdachtsindikatoren sind das metabolische Syndrom, Diabetes mellitus, erhöhte Transaminasen (GPT), erniedrigte Thrombozyten sowie eine Störung der Lebersyntheseleistung (Quick, Albumin) oder eine erhöhte Lebersteifigkeit in der Sonographie. Nichtinvasive Scores (z. B. der NFS-Score) können bei der Entscheidung unterstützen.
Auch bei Hinweisen auf andere Lebererkrankungen sollte eine Biopsie durchgeführt werden.
Wie kann eine NAFLD therapiert werden?
Es gibt keine Medikamente zur Therapie der NAFLD. An erster Stelle steht eine Änderung der Lebensstilfaktoren: Gewichtsreduktion, vermehrte körperliche Aktivität, Rauchstopp und Alkoholrestriktion. Der Konsum von Kaffee scheint dagegen das Fibroserisiko zu reduzieren.
Eine zusätzliche Schädigung der Leber durch Medikamente oder andere Erkrankungen muss unbedingt vermieden werden. Eine Hepatits A/-B-Impfung ist daher sinnvoll.
Ist eine Gewichtsreduktion nicht erfolgreich, empfehlen die Leitlinien, eine bariatrische Chirurgie in Betracht zu ziehen. Bei Patienten mit Diabetes mellitus ist auf eine optimale Einstellung zu achten.
Wie diagnostiziert man frühzeitig eine Leberzirrhose?
Unter einer Leberzirrhose versteht man den vollständigen Umbau der normalen Leberarchitektur durch Narbengewebe (Fibrose) mit Verlust des normalen Läppchenaufbaus.
Entwickelt sich im Rahmen einer NAFLD eine Zirrhose, ist das Risiko erhöht, dass sich ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) bildet (ca. 2 bis 3 %/Jahr).
Daher sollte die Diagnose möglichst früh erfolgen. Dazu müssen regelmäßige Kontrollen stattfinden:
- Klinik: Körperlicher Status (z. B. Sekundärbehaarung, Leberhautzeichen)
- Laborwerte: u. a. Thrombozyten, Albumin Gerinnungsstatus, Cholinesterase, Bilirubin
- Fibrose-Scores (z. B. NFS)
- Sonographie: Leberform, -oberfläche, Parenchymstruktur, Steifigkeit, Zeichen der portalen Hypertension (Gefäße, Milzgröße)
Nach den Leitlinienempfehlungen soll Zirrhose-Patienten eine Früherkennungsuntersuchung angeboten werden, sofern eine HCC-Therapie bei ihnen möglich ist. Alle 6 Monaten soll eine Sonographie durchgeführt werden. Diese kann durch eine zusätzliche Bestimmung von AFP (Alpha-1-Fetoprotein) erweitert werden.
Wie kann eine hepatische Enzephalopathie erkannt werden?
Eine dekompensierte Zirrhose erhöht die Mortalität der Patienten deutlich. Daher sind alle 6 Monate Kontrollen bei Zirrhose-Patienten notwendig. Bereits bei Erstdiagnose sollen Patienten mit Zirrhose auf Symptome einer manifesten hepatischen Enzephalopathie (HE) klinisch beurteilt werden. Bei dieser kommt es durch die Lebererkrankung zu Störungen des zentralen Nervensystems. Die HE neigt zu Rezidiven und mit jeder Episode verbleiben weitere kognitive Störungen. Eine HE-Episode kann auch verdeckt (covert) ablaufen. Daher werden in der Leitlinie neuropsychologische oder psychometrische Tests empfohlen. Untersuchungen wie der Zahlenverbindungs- oder der Liniennachfahrtest können auch in der Hausarztpraxis durchgeführt werden.
Wie wird eine hepatische Enzephalopathie therapiert?
Ärzte sollten den Patienten keine Proteinrestriktion empfehlen. Die Betroffenen sollten ausreichend Protein zuführen. Eine gute Empfehlung ist ein Late-Night-Proteinsnack.
Die Therapie der HE erfolgt in der Klinik mit Lactulose, häufig in Kombination mit Rifaximin. Nach einer HE soll eine unbefristete Rezidivprophylaxe erfolgen. Sie basiert auf Ernährungsumstellung und Lactulose-Gabe. Bei unzureichender Wirksamkeit von Lactulose wird zusätzlich Rifaximin eingesetzt. Liegt eine Lactulose-Unverträglichkeit vor, ist Rifaximin als Monotherapie möglich.
Fazit der Referenten
Die hausärztliche Praxis ist in der Regel der erste Ansprechpartner der Betroffenen. Bei Patienten mit metabolischem Syndrom sollte an die Möglichkeit einer Fettlebererkrankung gedacht werden. Die Fibrose ist prognoseentscheidend, daher sollte eine Biopsie vor allem bei höhergradiger Fibrose erfolgen. Eine spezifische medikamentöse Therapie gibt es noch nicht. Stattdessen müssen die Risikofaktoren wie das Übergewicht verbessert werden. Zirrhose und hepatische Enzephalopathie werden oft zu spät diagnostiziert. Nach einer hepatischen Enzephalopathie muss eine Rezidivprophylaxe erfolgen. Auch hier ist der Hausarzt wichtiger Ansprechpartner.
Quelle
Prof. Dr. Joachim Labenz, Siegen, Priv.-Doz. Dr. Dr. Charles Christian Adarkwah, Kreuztal; Live-Webinar „NASH & Co. auf dem Vormarsch: Tipps für die Hausarztpraxis“, veranstaltet von Norgine am 28.10.2020.
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Arzneimitteltherapie 2021; 39(01):49-57