Die RIVER-Studie

Rivaroxaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer biologischen Mitralklappe


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer biologischen Mitralklappe war Rivaroxaban hinsichtlich der mittleren Zeit bis zu Tod, kardiovaskulären Ereignissen wie Schlaganfall, transiente ischämische Attacke, systemische Embolie, Klappenthrombose oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz oder Blutungen über einen Zeitraum von 12 Monaten ähnlich wirksam wie Warfarin.

Patienten mit Vorhofflimmern haben ein hohes Schlaganfallrisiko. Dieses Risiko ist noch höher, wenn gleichzeitig eine Erkrankung der Herzklappen vorliegt.

Die RE-ALIGN-Studie hatte bei Patienten mit Vorhofflimmern und mechanischen Herzklappen eindeutig gezeigt, dass eine Therapie mit einer hohen Dosis von Dabigatran einer Therapie mit Warfarin unterlegen ist und ein erhöhtes Blutungsrisiko hat [1].

Bei Patienten mit biologischen Klappen (Bioprothesen) wird derzeit empfohlen, für vier bis acht Wochen nach der Klappenoperation Warfarin einzusetzen und dann gegebenenfalls auf ein direktes orales Antikoagulans (DOAK) umzustellen. Die dazu vorhandenen Daten stützen sich allerdings auf Register- oder Beobachtungsstudien, aber nicht auf eine randomisierte Studie.

Studiendesign

In der randomisierten RIVER-Studie (Tab. 1) wurde Rivaroxaban (20 mg einmal täglich) mit dosisangepasstem Warfarin (Ziel-INR 2,0 bis 3,0) bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer biologischen Mitralklappe verglichen.

Tab. 1. Studiendesign RIVER [Guimarães et al. 2020]

Indikation

Antikoagulation bei Vorhofflimmern nach Klappenoperation mit Bioprothese

Studientyp/Design

Randomisiert, open Label

Patienten

1005

Intervention

  • Rivaroxaban
  • Warfarin

Primärer Endpunkt

Kombination von Tod und kardiovaskulären Ereignissen

Sponsor

PROADI-SUS und Bayer

Studienregisternummer

NCT 02303795
(ClinicalTrials.gov)

Der primäre Endpunkt war die Kombination von Tod, kardiovaskulären Ereignissen wie Schlaganfall, transiente ischämische Attacke, systemische Embolie, Klappenthrombose oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz, oder Blutungen innerhalb von 12 Monaten.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 1005 Patienten an 49 Standorten in Brasilien in die Studie aufgenommen. Die Patienten waren im Mittel 59 Jahre alt und 60 % waren Frauen. Bei den meisten Patienten erfolgte der Studieneinschluss mehr als drei Monate nach der Klappenoperation.

Der primäre Endpunkt trat im Mittel nach 347,5 Tagen in der Rivaroxaban-Gruppe und 340,1 Tagen in der Warfarin-Gruppe auf. Dieser Unterschied war nicht signifikant.

Tod durch kardiovaskuläre Ursachen oder thromboembolische Ereignisse traten bei 17 Patienten (3,4 %) in der Rivaroxaban-Gruppe und bei 26 (5,1 %) in der Warfarin-Gruppe auf (Hazard-Ratio [HR] 0,65; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,35–1,20).

Die Inzidenz von Schlaganfällen betrug in der Rivaroxaban-Gruppe 0,6 % und 2,4 % in der Warfarin-Gruppe (HR 0,25; 95%-KI 0,07–0,88).

Schwerwiegende Blutungen traten bei sieben Patienten (1,4 %) in der Rivaroxaban-Gruppe und bei 13 (2,6 %) in die Warfarin-Gruppe auf (HR 0,54; 95%-KI 0,21–1,35).

Die Häufigkeit anderer schwerwiegender unerwünschter Ereignisse war in beiden Gruppen ähnlich.

Kommentar

Die RIVER-Studie beantwortet eine wichtige klinische Frage, nämlich ob ein DOAK wie Rivaroxaban bei Patienten mit Vorhofflimmern und biologischen Mitralklappen genauso wirksam und sicher ist wie eine orale Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten. Dies war in der vorliegenden Studie der Fall. Tendenziell war Rivaroxaban sogar besser wirksam als Warfarin. Der Unterschied war allerdings, bedingt durch die relativ kleine Fallzahl, statistisch nicht signifikant. Rivaroxaban ist damit eine wirksame und sinnvolle Alternative zu Vitamin-K-Antagonisten bei Patienten mit Vorhofflimmern und einer biologischen Mitralklappe.

Quelle

Guimarães HP, et al. Rivaroxaban in patients with atrial fibrillation and a bioprosthetic mitral valve. N Engl J Med 2020; doi: 10.1056/NEJMoa2029603.

Literatur

1. Eikelboom JW, et al. Dabigatran versus warfarin in patients with mechanical heart valves. N Engl J Med 2013;369:1206–14.

Arzneimitteltherapie 2021; 39(01):25-37