Diabetesprävention

Kann Dapagliflozin die Entstehung eines Typ-2-Diabetes verhindern?


Dr. Stefan Fischer, Stuttgart

Der SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin ist wirksam bei Patienten mit Diabetes mellitus sowie bei einer Herzinsuffizienz. Einer aktuellen Auswertung der DPAPA-HF-Studie zufolge könnte er auch die Progression eines Prädiabetes verhindern.

Mit einer weltweit steigenden Prävalenz des Typ-2-Diabetes benötigen wir sichere und effektive Präventionsstrategien. Lebensstilmodifikationen wie gesündere Ernährung und mehr Bewegung sind wahrscheinlich die beste Wahl, aber schwer umzusetzen. Daher wurden für mehrere Medikamente in klinischen Studien geprüft, ob sie die Entstehung eines Typ-2-Diabetes verhindern können. Außerhalb von klinischen Studien setzen Ärzte in dieser Indikation vorwiegend Metformin ein.

Den SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin (Forxiga®) hatte die European Medicines Agency (EMA) initial als Therapeutikum bei Typ-2-Diabetes zugelassen. Da er in Studien wie DAPA-HF [1] auch bei Patienten ohne Diabetes kardiovaskuläre Ereignisse verhinderte, ist er mittlerweile ebenfalls eine Option bei Herzinsuffizienz.

Nun prüften die Autoren einer explorativen Analyse, ob Dapagliflozin auch den Beginn eines Diabetes mellitus verhindern kann.

Die DAPA-HF-Studie

Die Studie DAPA-HF (Dapagliflozin and prevention of adverse outcomes in heart failure) war darauf ausgelegt, den Einfluss von Dapagliflozin auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit und die Verschlechterung einer Herzinsuffizienz zu untersuchen (Tab. 1). Die eingeschlossenen Patienten litten an einer Herzinsuffizienz der Stadien NYHA (New York Heart Association) II bis IV. Ihre LVEF (linksventrikuläre Ejektionsfraktion) betrug ≤ 40 % und die NT-proBNP-Spiegel waren erhöht. Ein Typ-1-Diabetes in der Vorgeschichte und eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) < 30 ml/min/1,73 m2 waren Ausschlusskriterien.

Tab. 1. Studiendesign DAPA-HF [1]

Erkrankung

HFrEF

Studiendesign

Multinational, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert

Patienten

4744

Intervention

  • Dapagliflozin (10 mg/Tag)
  • Placebo

Primärer Endpunkt

Tod oder Verschlechterung der Herzinsuffizienz

Sponsor

AstraZeneca

Studienregisternummer

NCT 03036124 (ClinicalTrials.gov)

HFrEF: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion

Die Patienten erhielten Dapagliflozin (10 mg/Tag) oder Placebo.

Der kombinierte primäre Endpunkt setzte sich aus den Ereignissen Tod und Verschlechterung der Herzinsuffizienz zusammen. Unter der Behandlung mit Dapagliflozin reduzierte sich das relative Risiko hierfür um 26 % (Hazard-Ratio [HR] 0,74, 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,65–0,85).

Neue Auswertung der Studiendaten

Von den 4744 Teilnehmern der DAPA-HF-Studie hatten 2139 einen Typ-2-Diabetes zu Studienbeginn. Von den 2605 Patienten ohne Diabetes hatten 1748 (67 %) einen Prädiabetes und 857 (33 %) hatten normale HbA1c-Werte.

In der hier vorgestellten explorativen Analyse werteten die Autoren die Daten dieser 2605 Patienten aus, um festzustellen, wie sich die Dapagliflozin-Therapie auf die Entstehung eines Typ-2-Diabetes auswirkt.

Bei Studienbeginn betrugen der HbA1c der Patienten ohne Diabetes 5,8 % und der Altersdurchschnitt 66 Jahre.

  • Nach acht Monaten hatte sich der durchschnittliche HbA1c-Wert gegenüber der Placebo-Gruppe unter Dapagliflozin-Therapie nur minimal verändert.
  • Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18 Monaten entwickelte sich bei 93/1307 (7,1 %) Patienten in der Placebo-Gruppe und bei 64/1298 (4,9 %) unter Dapagliflozin ein Diabetes mellitus (HR 0,68, 95%-KI 0,50–0,94; p = 0,019).
  • Mehr als 95 % der Patienten, die einen Diabetes entwickelten, hatten bereits zu Studienbeginn einen Prädiabetes.
  • Die Entstehung eines Diabetes war mit einer erhöhten Mortalität verbunden.

Fazit der Studienautoren

SGLT2-Inhibitoren verringern die Blutglucose-Konzentration und das Körpergewicht, sie verbessern die Insulinsensitivität, verringern Hyperinsulinämie und verbessern die B-Zell-Funktion. Jeder dieser Mechanismen könnte in der DAPA-HF-Studie das Risiko für einen Typ-2-Diabetes reduziert haben, ebenso wie die Verbesserung der Herzfunktion.

Die Wirkung der SGLT2-Inhibitoren auf das Herz und der beobachtete präventive Effekt auf die Diabetesentstehung lassen sich jedoch nur schwer trennen. Ebenso wäre es möglich, dass die Entwicklung von Diabetes gar nicht verhindert, sondern nur maskiert wurde: In der DAPA-HF-Studie wurde Diabetes anhand erhöhter HbA1c-Werte diagnostiziert. Glucosetoleranztests oder Ähnliches wurden nicht durchgeführt beziehungsweise flossen nicht in die Studiendaten ein.

Für eine Studie zur Diabetesprävention war DAPA-HF vergleichsweise kurz und die Population bestand aus älteren Menschen. Der diabetespräventive Effekt von Dapagliflozin muss daher in längeren Studien bestätigt werden, die auch jüngere Patienten ohne Herzinsuffizienz einschließen.

Quelle

Inzucchi SE, et al. Dapagliflozin and the incidence of type 2 diabetes in patients with heart failure and reduced ejection fraction: an exploratory analysis from DAPA-HF. Diabetes Care 202;44:586–94.

Literatur

1. McMurray JJV, et al. Dapagliflozin in patients with heart failure and reduced ejection fraction. N Engl J Med 2019;381:1995–2008.

Arzneimitteltherapie 2021; 39(05):163-175