Kompaktdarstellung der Pharmakotherapie


Prof. Dr. med. Roland Seifert, Hannover

Es gibt in Deutschland viele sehr gute Pharmakologie-Lehrbücher, die vor allem die Grundlagen erklären. Aber die Ära der klassischen Lehrbücher ist vorbei. Warum? Wesentliche Gründe dafür sind der rasche Wissensfortschritt auf allen Gebieten, die zunehmende Spezialisierung der Therapiekonzepte und die Entwicklung von fundierten Leitlinien. Diese Entwicklung ist problematisch, weil der Student und später der klinisch oder der praktisch tätige Arzt sich seine Pharmakotherapien mühselig zusammensuchen muss. Und wenn einmal ein anderes Gebiet als das eigene Spezialgebiet gefragt wird, dann wird es richtig aufwendig.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr löblich, dass sich die Herausgeber Andreas Ruß und Stefan Endres mit ihrem fast 20-köpfigen Autorenteam die Arbeit gemacht haben, jetzt schon in der 21. Auflage eine Zusammenstellung der wichtigsten Arzneistoffe sowie Pharmakotherapie-Schemata der wichtigsten Erkrankungen aus allen Fachgebieten zusammenzustellen.

Im ersten (blau markierten) Teil des Buches werden die Eigenschaften der wichtigsten Arzneistoffe aller klinischen Fachgebiete systematisch geordnet vorgestellt. Man findet alle wichtigen Informationen zu Dosierung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen, unerwünschten Wirkungen und Kontraindikationen tabellarisch aufgeführt. Dieser Teil erklärt allerdings nicht die Wirkungsmechanismen der Arzneistoffe; dafür muss der Leser auf eines der zahlreichen klassischen Lehrbücher zurückgreifen.

Im zweiten (grün markierten) Teil des Buches werden die Pharmakotherapie-Schemata der wichtigsten Krankheitsbilder systematisch dargestellt. Hervorzuheben ist für diesen Teil, dass die aktuellen Leitlinien berücksichtigt werden. Man findet auch etliche aktuelle Literaturzitate. Als Nicht-Experte kann man sich in dem grünen Teil des Buches sehr rasch und gut einen Überblick über gängige Pharmakotherapie-Schemata machen. Das Buch behandelt ferner die Therapie der wichtigsten Notfälle und Vergiftungen. Hervorzuheben ist, dass auch die Pädiatrie, sonst ein Stiefkind der Pharmakologie, abgehandelt wird.

Abgerundet wird das Buch durch praktisch nützliche Zusatzinformationen sowie ein sehr detailliertes Stichwortverzeichnis.

Das Buch hat eindeutig den Charakter eines Nachschlagewerkes. Die Schrift in dem Buch ist sehr klein und selbst für gesunde Augen junger Menschen kaum lesbar. Um Platz zu sparen, werden auch viele Abkürzungen verwendet, die das Lesen nicht gerade erleichtern. Um dieses Problem zu adressieren, sollten die Herausgeber überlegen, auch eine E-Version herauszugeben, in der man sich relevante Texte auf dem Smartphone heranzoomen kann. Da das Buch fast 1000 Seiten umfasst, ist es sehr dick, unhandlich und schwer (380 g). Die Verarbeitung des Buches könnte besser sein. Schon nach dreimaligem Knicken des Buches löste sich der Buchrücken.

Trotz der genannten Probleme, die hoffentlich in zukünftigen Auflagen gelöst werden, empfiehlt der Rezensent dieses Buch für fortgeschrittene Medizinstudenten sowie klinisch und praktisch tätige Ärzte sehr. Der Rezensent kennt im deutschsprachigen Raum kein anderes Buch, in dem so kompakt und aktuell die wichtigsten Informationen über Arzneistoffe und die aktuelle Pharmakotherapie der wichtigsten Erkrankungen systematisch zusammengetragen sind.

Ein weiterer Verbesserungsvorschlag für die Autoren wäre, in der kommenden Auflage neben den traditionellen nach Indikationen abgeleiteten Arzneistoffgruppen-Bezeichnungen auch die mechanistischen Arzneistoffgruppen-Bezeichnungen einzuführen, die die junge Ärztegeneration im Medizinstudium jetzt lernt. Diese Nomenklatur hat den großen Vorteil, dass sie das Lernen und Memorieren von molekularen Wirkungsmechanismen sehr erleichtert. Das ist deshalb so wichtig, weil sich die traditionellen Einsatzgebiete von Arzneistoffen im Laufe der Zeit sehr verändert haben.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Buches ist angemessen.

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