Sotatercept

Aus Expertensicht


Marius M. Hoeper, Hannover

Sotatercept ist der erste Vertreter einer neuen Substanzklasse – der Aktivin-Signalweg-Inhibitoren – und seit September 2024 in Deutschland für die Behandlung von Patienten mit pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) zugelassen. Die Substanz unterscheidet sich deutlich von bisher für die PAH zur Verfügung stehenden Therapieoptionen (Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Stimulatoren der löslichen Guanylatcyclase und Substanzen, die auf den Prostazyklin-Signalweg einwirken), da sie keine unmittelbar vasodilatierende Wirkung auf die Pulmonalgefäße entfaltet, sondern direkt in die Gefäßumbauprozesse eingreift, die der PAH zugrunde liegen. Sotatercept ist ein Fusionsprotein mit einer Bindungsstelle für Aktivine und verschiedene Wachstums- und Differenzierungsfaktoren sowie weitere Liganden aus der „transforming growth factor beta“-Superfamilie. Es greift unmittelbar in die Pathogenese der PAH ein und ist möglicherweise in der Lage, die obliterativen Gefäßveränderungen, die dieser Erkrankung zugrunde liegen, zumindest partiell zur Rückbildung zu bringen [8].

In die zulassungsrelevante Phase-III-Studie (STELLAR) wurden vorbehandelte, stabile Patienten mit idiopathischer, hereditärer und Arzneimittel-assoziierter PAH eingeschlossen, ebenso wie Patienten mit einer PAH auf dem Boden einer Bindegewebserkrankung oder eines korrigierten angeborenen Herzfehlers [2]. Nicht eingeschlossen wurden hingegen Patienten mit einer PAH auf dem Boden einer portalen Hypertension, einer HIV-Infektion oder eines nicht-korrigierten angeborenen Herzfehlers. Die Patienten befanden sich im WHO-Funktionsstadium II und III und waren bereits intensiv vorbehandelt. Nach 24 Wochen Therapie zeigte sich unter Sotatercept (in 3-wöchigen Abständen subkutan verabreicht, Zieldosis 0,7 mg/kg) eine Zunahme der 6-Minuten-Gehstrecke um ca. 40 m gegenüber der Placebo-Gruppe. Gleichzeitig waren auch WHO-Funktionsklasse, NT-proBNP, pulmonal-vaskulärer Widerstand und die Zeit bis zum Auftreten eines klinischen Verschlechterungsereignisses (definiert als Tod jeglicher Ursache, Krankenhausaufnahme wegen einer PAH-Verschlechterung oder vordefinierte Abnahme der körperlichen Belastbarkeit) signifikant verbessert. Sotatercept erzielte seine Wirkung vor allem durch eine ausgeprägte Senkung des pulmonal-arteriellen Drucks, was zu einer deutlichen Entlastung des rechten Herzens mit Reduktion der Herzgröße und Abnahme der Trikuspidalklappeninsuffizienz führte [7].

Eine weitere Phase-III-Studie (ZENITH), in die Patienten mit fortgeschrittener PAH und hohem Sterblichkeitsrisiko trotz maximal tolerierter PAH-Therapie eingeschlossen waren, wurde nach der ersten geplanten Interimsanalyse abgebrochen, nachdem unter Sotatercept das Risiko von klinischen Verschlechterungsereignissen inklusive Tod signifikant reduziert wurde (Hazard-Ratio 0,24; 95%-Konfidenzintervall 0,13–0,43; p < 0,0001) [4].

Sotatercept hat ein charakteristisches Nebenwirkungsprofil [3, 5]. Die häufigsten Begleiterscheinungen sind ein Anstieg des Hämoglobin-Werts (im Mittel um 1,3 g/dl vom Ausgangswert), ein – meist geringer – Abfall der Thrombozyten, ein Anstieg des arteriellen Blutdrucks, das Auftreten von Teleangiektasien (v. a. im Gesicht und Brustbereich) sowie Blutungsereignisse (v. a. Nasen- und Zahnfleischbluten). Die meisten Blutungsereignisse sind mild, aber auch einzelne schwerwiegende Fälle, insbesondere gastrointestinale Blutungen, wurden beschrieben [1]. Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen waren in den bisherigen Studien selten [2, 5]. Bislang zeigten sich die Nebenwirkungen auch durch Dosisanpassungen oder Therapiepausen gut beherrschbar, es gibt jedoch noch keine robusten Langzeitdaten.

Insgesamt ist Sotatercept die wohl wichtigste Innovation in der Therapie der PAH der letzten Jahre.

Mit der Einführung dieser Substanz eröffnet sich die Möglichkeit einer zumindest partiellen Remission der Erkrankung [6]. Dennoch sind viele Fragen noch offen, vor allem die Sicherheit in der Langzeitanwendung, die optimale Dosierung in der Erhaltungstherapie und die Wirksamkeit von Sotatercept bei denjenigen Formen der PAH, die nicht in die Studien eingeschlossen wurden. Weitere Aktivin-Signalweg-Inhibitoren sind derzeit in klinischer Erprobung und es muss sich zeigen, ob diese eine zumindest vergleichbare Wirksamkeit bei möglicherweise günstigerem Sicherheitsprofil aufweisen.

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