Dr. med. Peter Stiefelhagen, Starnberg

[Foto: privat]
In diesem Jahr fand der Kongress der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) vom 13. bis 14. Juni in Barcelona statt. Auch diesmal bot die Veranstaltung ein breites Forum für den wissenschaftlichen Austausch. Präsentiert wurden zahlreiche neue Studienergebnisse, die rasch Eingang in die Praxis finden dürften. Im Folgenden werden einige Highlights referiert.
Künstliche Intelligenz bietet Potenzial für eine bessere Patientenversorgung
Die Künstliche Intelligenz (KI) hat auch in die Rheumatologie Eingang gefunden und wird hier zunehmend eingesetzt. Die Bereicherung umfasst sowohl frühe Diagnosefindung und Monitoring im Rahmen von Verlaufskontrollen als auch Risikostratifizierung und Patientenkommunikation. Mit Hilfe von deep learning models können außerdem personalisierte Therapieansätze entwickelt werden.
Die High-Resolution-Computertomographie (HRCT) gilt heute als das Standardverfahren bei der Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankung (ILD), die eine der wichtigsten Komorbiditäten der systemischen Sklerose (SSc) ist. Eine Studie zeigt, dass die KI bei der frühen Diagnostik dieses Krankheitsbildes dem Auge des Radiologen überlegen ist und eine bessere Korrelation mit den funktionellen Tests bietet. Das gilt ebenfalls für das MRT – z. B. beim Nachweis des Knochenmarksödems bei der axialen Spondyloarthritis. Mithilfe eines KI-Modells zur automatisierten Erkennung typischer Ultraschallbefunde bei Riesenzellarteriitis gelingt eine Differenzierung von gesunden und pathologischen Gefäßen mit hoher Genauigkeit [2].
Schwangerschaft bei autoinflammatorischen Syndromen
Autoinflammatorische Syndrome sind eine Gruppe von seltenen, meist genetisch bedingten Erkrankungen, bei denen es zu wiederkehrenden Entzündungsschüben kommt, die mit Fieber und erhöhten Entzündungswerten im Blut einhergehen. Häufig betroffen sind jüngere Frauen mit Kinderwunsch. Doch eine Schwangerschaft kann zu Komplikationen bei Mutter und Kind führen, etwa zu einer Destabilisierung der Entzündungsaktivität.
Im Rahmen einer klinischen Studie wurden die Daten von 97 Patientinnen mit 117 Schwangerschaften analysiert, darunter fünf Zwillingsschwangerschaften. Bei 16 Patientinnen wurde die Schwangerschaft vor der 37. Woche beendet. Bei zwei Patientinnen verstarb der Fötus in utero, und zweimal wurde bei einer chromosomalen Abnormalität ein Abort eingeleitet. Bei einer Schwangeren kam es zu einem spontanen Abort. Bei 57,7 % war in dem Jahr vor der Schwangerschaft eine Entzündungsaktivität nachweisbar und bei 59,1 % kam es während der Schwangerschaft zu einem Rezidiv.
Bei Frauen mit familiärem Mittelmeerfieber (81 %) war die Erkrankung im Durchschnitt erstmals in einem Alter von 6 Jahren aufgetreten. Sie waren im Mittel 31 Jahre, bevor die Schwangerschaft eintrat. 15 % benötigten eine künstliche Befruchtung. Im Jahr vor Eintritt der Schwangerschaft waren im Mittel vier Rezidive aufgetreten. Während der Schwangerschaft trat bei 65,7 % ein Rezidiv auf, in drei Fällen ein prolongiertes febriles Myalgie-Syndrom. 17 % verloren das Kind vor der 37. Woche. Bei 22,4 % lag das Geburtsgewicht unter der zehnten Perzentile [4].
Risikofaktoren für die Progression der Spondyloarthritis
Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) ist eine entzündlich rheumatische Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule betrifft. Sie ist charakterisiert durch die Neubildung von Knochenformationen, die zu einer kompletten Ankylose der Wirbelsäule führen können. Bisher gibt es kaum Daten über die spinale Progression.
Im Rahmen einer Studie wurden die Daten von 176 Patienten mit einer radiographischen axSpA ausgewertet, wobei diese über 13 Jahre nachverfolgt wurden. Eine Kontrolle wurde nach 5 und nach 13 Jahren durchgeführt. Es fand sich eine deutliche Zunahme der Ankylose. Als Prädiktoren für eine rasche Progression erwiesen sich ein erhöhter CRP-Wert und Übergewicht bei beiden Geschlechtern. Bei Frauen waren ein erhöhter TNF-Wert und eine Therapie mit einem Bisphosphonat ungünstige Prädiktoren, bei Männern das Rauchen und ein HLA-B27-Status [1].
Neue EULAR-Empfehlungen für die rheumatoide Arthritis (RA)
Bei einem Nicht-Ansprechen auf konventionelle Krankheitsmodifizierende Arzneimittel (DMARD) wie Methotrexat sollte bei der RA immer zusätzlich ein Biologikum oder ein Januskinase-Inhibitor eingesetzt werden. Eine Umstellung von Methotrexat auf Leflunomid oder vice versa wird nicht mehr empfohlen. Bei Gabe eines Januskinase-Inhibitors müssen allerdings kardiovaskuläre und onkologische Nebenwirkungen bedacht werden.
Obinutuzumab bei Lupusnephritis
In Post-hoc-Analysen der REGENCY-Studie zeigte der Typ-II-anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab eine günstige Wirkung bei der aktiven Lupusnephritis. Ein komplettes renales Ansprechen nach 76 Wochen wurde unter Obinutuzumab plus Standardtherapie bei 46,4 % der Teilnehmer dokumentiert, unter Placebo plus Standardtherapie nur bei 33,1 %. Zudem kam es seltener zu einem Lupus-Schub (11,1 vs. 23,5 %). Insgesamt wurde die Krankheitsprogression verlangsamt [3].
Immun-Reset bei systemischem Lupus erythematodes (SLE)
Im Rahmen der RESET-SLE-Studie wurden die Sicherheit und Wirksamkeit einer CD19-gerichteten CAR-T-Zell-Therapie bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes untersucht. Erste Ergebnisse bei sechs Patienten zeigen ein vielversprechendes Ansprechen mit frühen und anhaltenden Remissionen und dies ohne Immunsuppressiva. Zudem kam es zu einer Reduktion der Proteinurie. Die Therapie wurde gut vertragen. Nur bei einem Patienten trat ein Zytokinfreisetzungssyndrom auf [5].
Leflunomid plus Hydroxychloroquin beim Morbus Sjögren
Für die Therapie des Morbus Sjögren stehen bisher keine evidenzbasierten Therapieoptionen zur Verfügung. Die Ergebnisse der REPURPSS-II-Studie bestätigen die Daten einer älteren Studie, wonach die Kombination von 20 mg Leflunomid und 400 mg Hydroxychloroquin im Vergleich zu Placebo zu einer deutlichen Abnahme der systemischen Krankheitsaktivität führte. Die Sicca-Symptomatik wurde jedoch nicht beeinflusst [6].
Literatur
1. Deminger A, et al. Predictors of spinal radiographic progression over up to 13 years in patients with radiographic axial spondyloarthritis. EULAR 2025; OP0314. Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.B2838.
2. Motta F, et al. The 1-year progression of systemic sclerosis-associated interstitial lung disease is predicted applying artificial intelligence tools but not visual quantification of pulmonary CT scans. EULAR 2025; OP0083. Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.B1982.
3. Rovin BH, et al. Obinutuzumab demonstrates consistent benefit across numerous primary endpoint definitions using regency study results of patients with active lupus nephritis. EULAR 2025; OP0006.Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.B830.
4. Savey L, et al. Pregnancy Outcomes in Autoinflammatory Diseases: A prospective study of 117 cases, including 79 with familial Mediterranean fever. EULAR 2025; OP0288. Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.B2015.
5. Sheikh S, et al. Reset-SLE: clinical trial evaluating rese-cel (resecabtagene autoleucel), a fully human, autologous 4-1bb anti-CD19 car t cell therapy in non-renal SLE and lupus nephritis. EULAR 2025; OP0202. Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.B1162.
6. Wong WY, et al. REPURPSS-II: validation of leflunomide-hydroxychloroquine combination therapy in patients with primary Sjögren’s disease: a double-blinded, placebo-controlled, randomized trial. EURLAR 2025; LB0005. Ann Rheum Dis 2025; DOI: 10.1136/annrheumdis-2025-eular.C.L-BA47.
Arzneimitteltherapie 2025; 43(04):139-140