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EditorialDr. med. Peter Stiefelhagen, Starnberg

Die Zukunft der Kardiologie

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ÜbersichtJürgen Stein, Lea Tessmer, Heinfried Radeke und Oliver Schröder, Frankfurt/Main

CED: Blockade der Rezirkulation und Infiltration (Homing) autoreaktiver Lymphozyten als neuer …

„Return to Sender“

Der Transport von Immunzellen ist ein entscheidendes Element der Immunantwort des Darms, sowohl in der Homöostase als auch bei pathologischen Zuständen, die mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen einhergehen. Aktivierte T-Zellen werden dabei aus den Lymphknoten zurück in den Blutkreislauf abgegeben und gelangen durch Extravasation aus den Blutgefäßen in entzündetes Gewebe. Die Rezirkulation und Infiltration (Homing) autoreaktiver Lymphozyten in die Darmschleimhaut (Lamina propria) wird dabei über Adhäsionsmoleküle, spezifische Chemokine und selektive Bindungsrezeptoren reguliert, die sich in den Lymphknoten und auf geeigneten vaskulären Endothelzellen befinden. Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptor-Modulatoren induzieren hierbei die Internalisierung und Degradation des S1P-Rezeptors Typ 1 (S1P1), wodurch B- und T-Lymphozyten nicht in der Lage sind, von sekundären lymphatischen Organen auszuwandern. Dies führt zu einer reversiblen Lymphopenie. Anders als etablierte Biologika wie Vedolizumab, die als antikörperbasierte Makromoleküle gezielt ein Zytokin im Extrazellulärraum oder ein Molekül an der Zelloberfläche hemmen, wirken S1P-Rezeptor-Modulatoren kompetitiv mit endogenen Liganden an spezifischen Rezeptoren. Ihre fehlende Immunogenität, ihre kurze Halbwertszeit sowie die orale Applikation erweisen sich dabei in ihrer Steuerbarkeit als vorteilhaft. Im Dezember 2021 wurde Ozanimod, ein S1P-Rezeptor-Modulator, der vorwiegend auf S1P1 und S1P5 abzielt, für die Behandlung der Colitis ulcerosa zugelassen.
Arzneimitteltherapie 2022;40:254–63.

FlaggeEnglish abstract

IBD: Blockade of the recirculation and infiltration (homing) of autoreactive lymphocytes as a new therapeutic approach

Immune cell transport is of critical importance in the intestinal immune response, not only in homeostasis, but also in pathological conditions associated with inflammatory bowel disease (IBD). In IBD, activated T cells are released back into the bloodstream by lymph nodes, allowing them to enter inflamed tissue by extravasation from blood vessels. The recirculation and infiltration (homing) of autoreactive lymphocytes into the lamina propria of the intestinal mucosa is regulated by adhesion molecules, specific chemokines and selective binding receptors located in lymph nodes and certain vascular endothelial cells. S1P receptor (S1PR) modulators hereby induce internalization and degradation of S1PR type 1 (S1P1), which renders B and T lymphocytes unable to emigrate from secondary lymphoids, thus causing reversible lymphopenia. Unlike established biologics such as vedolizumab, which are antibody-based macromolecules that specifically inhibit a cytokine in the extracellular space or a molecule on the cell surface, S1PR modulators act intracellularly. Their lack of immunogenicity, short half-life, and oral administration are advantageous for therapy management. In December 2021, ozanimod, a S1PR modulator that primarily targets S1P1 and S1P5, was approved for the treatment of ulcerative colitis.

Key words: Crohn’s disease; inflammatory bowel disease, ozanimod, spingosine-1-phosphate; ulcerative colitis

Seite 265 - 266
RezensionProf. Dr. Dr. Kai Zacharowski, Frankfurt/M.

Ein Nachschlagewerk für Rechtsanwälte und Interessierte

Seite 267 - 272
Arzneimittel in der DiskussionSonja Zikeli, Stuttgart

Difelikefalin

Selektiver Opioid-Rezeptoragonist gegen Pruritus bei Hämodialyse-Patienten

Juckreiz ist ein persistierendes und quälendes Symptom, das die Lebensqualität von Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Die pathophysiologischen Mechanismen von Pruritus, der in Zusammenhang mit einer chronischen Nierenerkrankung auftritt (CKD-assoziierter Pruritus, CKD-aP), sind multifaktoriell. Diskutiert wird unter anderem die Beteiligung von Opioid-Rezeptoren, die eine entscheidende Rolle bei der Modulation von Juckreizsignalen und entzündlichen Prozessen spielen. Difelikefalin ist ein neuer, selektiver Agonist am κ-Opioid-Rezeptor, der zur Behandlung von moderat bis schwer ausgeprägtem CKD-aP bei erwachsenen Hämodialyse-Patienten zugelassen ist. In den Studien KALM-1 und KALM-2 reduzierten sich unter Difelikefalin bei den Betroffenen der Pruritus-Schweregrad und das Gefühl von Juckreiz als Folge der mangelhaften Nierenfunktion deutlich. Die Lebensqualität der Betroffenen war unter Difelikefalin verbessert. Gleichzeitig war das Arzneimittel gut verträglich, unerwünschte Ereignisse traten in überschaubarem Ausmaß und in leichter bis moderater Ausprägung auf. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Parästhesien und Somnolenz, gelegentlich litten Patienten auch unter Schwindel, Kopfschmerzen, Nausea und Emesis sowie Diarrhö oder Delir.
Arzneimitteltherapie 2022;40:267–72.

FlaggeEnglish abstract

Difelikefalin

Itchiness is a persistent and agonizing symptom which strongly affects the quality of life of patients with chronic kidney disease (CKD). Pathophysiologic mechanisms of pruritus associated with CKD (CKD-aP) are multifactorial. Opioid receptors play an important role in the modulation of the itchiness-signaling and inflammatory processes. Their involvement in the development of pruritus is often discussed as a key reason for CKD-aP. Difelikefalin is a novel, selective agonist of the κ-opioid receptor which is approved to treat adult patients with CKD-aP under hemodialysis. In the two main approval studies KALM-1 and KALM-2, difelikefalin significantly reduced the severity and the feeling of pruritus in patients with CKD-aP and thus improved their quality of life as well. Difelikefalin was well tolerated by patients with minor side effects only. Frequent side effects included paresthesia and somnolence. Patients, furthermore, occasionally suffered from dizziness and headache as well as nausea, emesis, diarrhea and delirium.

Key Words: difelikefalin, κ-opiod receptor agonist, pruritus, chronic kidney disease, hemodialysis

Seite 273
Arzneimittel in der DiskussionLutz Renders, München

Difelikefalin: eine Bereicherung zur Therapie bei Juckreiz an der Dialyse?

Aus Expertensicht

Arzneimitteltherapie 2022;40:273.

Seite 274 - 275
Klinische StudieDr. Dr. Tanja Neuvians, Ladenburg

Komplizierte Harnwegsinfektionen

Tebipenem oral wirkt ähnlich gut wie Ertapenem intravenös

Komplizierte Harnwegsinfektionen werden oft durch multiresistente Bakterien verursacht. In der vorliegenden Publikation vergleichen die Autoren in einer Nichtunterlegenheitsstudie das oral anwendbare Tebipenem mit dem intravenös anzuwendenden Ertapenem.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertDr. Miriam Sonnet, Rheinstetten

Typ-2-Diabetes

Empagliflozin auch bei chronischer Nierenerkrankung sicher einsetzbar

Ergebnisse einer neuen Analyse von 19 randomisierten Placebo-kontrollierten Studien ergaben keine neuen Sicherheitsbedenken für den Einsatz von Empagliflozin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung. Schwere Nebenwirkungen und solche, die zum Therapieabbruch führten, unterschieden sich nicht zwischen Empagliflozin und Placebo. Gleiches galt für die Rate von Ereignissen von speziellem Interesse. Die Ausnahme bildeten Genitalinfektionen, die unter Empagliflozin häufiger auftraten.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Schubförmig remittierende multiple Sklerose (RRMS)

Umstellung auf eine 6-wöchige Dosierung von Natalizumab

Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten Studie an 499 Patienten mit schubförmiger MS wurde eine immunmodulatorische Therapie mit Natalizumab im Abstand von vier Wochen und sechs Wochen verglichen. Es fanden sich Unterschiede in der durchschnittlichen Anzahl neuer oder sich vergrößernder MS-Herde in Form von T2-hyperintenser Läsionen in Woche 72 zwischen den beiden Gruppen zuungunsten der 6-wöchigen Applikation. Bezüglich klinischer Endpunkte bestanden keine Unterschiede. Die Interpretation der statistischen Unterschiede war jedoch eingeschränkt, da die Krankheitsaktivität in der Gruppe, die alle vier Wochen behandelt wurde, geringer war als erwartet. Die Sicherheitsprofile von Natalizumab einmal alle sechs Wochen und einmal alle vier Wochen waren ähnlich.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Migräneprävention

Sicherheit und Wirksamkeit von Eptinezumab bei Patienten mit zwei bis vier vorangegangenen …

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Erwachsenen mit Migräne und zwei bis vier vorangegangenen nicht wirksamen Behandlungen zeigte der monoklonale Antikörper gegen das Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) Eptinezumab im Vergleich zu Placebo eine signifikante migränepräventive Wirkung bei akzeptabler Verträglichkeit.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Migräneprophylaxe

Leitlinie der Europäischen Kopfschmerzgesellschaft zur Verwendung monoklonaler Antikörper gegen …

Mit einem Kommentar des Autors
Die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor sind in der Prophylaxe der Migräne wirksam und gut verträglich. Die Europäische Kopfschmerzgesellschaft (EHF) hat ihre Empfehlungen zum Einsatz dieser neuen Migräneprophylaktika aktualisiert.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertSonja Zikeli, Stuttgart

Anämie bei chronischen Nierenerkrankungen

Orales Roxadustat als mögliche Alternative zu parenteralem Epoetin alfa

Mit einem Kommentar von Prof. Dr. med. Dr. h. c. Uwe Heemann, Seeshaupt
Die parenterale Substitution von Eisen und Erythropoese-stimulierenden Substanzen (ESAs) ist Mittel der Wahl für die Behandlung der Anämie bei Dialyse-Patienten. Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit ESAs und die Vorteile oraler Applikationsrouten haben die Entwicklung alternativer Therapien vorangetrieben. Herausgekommen sind die neuen oralen Hypoxie-induzierbarer-Faktor-Prolylhydroxylase-Inhibitoren (HIF-PHI), zu denen auch Roxadustat gehört.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertDr. Miriam Sonnet, Rheinstetten

Multiples Myelom

Neuer bispezifischer Antikörper auf dem Prüfstand

Mit dem bispezifischen Antikörper Teclistamab haben Patienten mit rezidiviertem bzw. refraktärem multiplem Myelom die Chance auf ein tiefes und dauerhaftes Ansprechen. Das geht aus den Daten der Phase-I/II-Studie MajesTEC-1 hervor. Zytokinfreisetzungssyndrome waren meist nur leicht ausgeprägt.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertDr. Sabine Fischer, Stuttgart

Colitis ulcerosa

Upadacitinib als Induktions- und Erhaltungstherapie

Es besteht ein großer ungedeckter Bedarf an fortschrittlichen Therapien, die eine schnelle und anhaltende Krankheitskontrolle für Patienten mit Colitis ulcerosa (CU) bieten. In der vorliegenden randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie untersuchten die Autoren die Wirksamkeit und Sicherheit des selektiven Janus-Kinase-1-Hemmers Upadacitinib als Induktions- und Erhaltungstherapie bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver CU.

Seite 276 - 291
Referiert & kommentiertDr. Matthias Desch, Kogl, Österreich

Morbus Crohn

Risankizumab, ein selektiver p19/anti-IL-23-Antikörper zur Induktions- und Erhaltungstherapie

Patienten mit Morbus Crohn sprechen oft unzureichend auf eine Therapie mit Biologika (z.B. Tumornekrosefaktor-α- oder Integrinhemmer) an oder vertragen diese nicht. Daher besteht für diese Subgruppe an Patienten ein besonderer Bedarf an weiteren Therapiemöglichkeiten. Risankizumab, ein bereits zur Therapie der Plaque-Psoriasis und Psoriasisarthritis zugelassener Antikörper, könnte sich diesbezüglich als vielversprechend erweisen.

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Referiert & kommentiertDr. med. Marianne Schoppmeyer, Nordhorn

Morbus Crohn

Ustekinumab und Adalimumab zeigen therapeutisch kaum Unterschiede

Die Zahl der verfügbaren Substanzen in der Therapie des Morbus Crohn hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Daher stellt sich für den behandelnden Arzt immer häufiger die Frage, welches Arzneimittel für welchen Patienten am besten geeignet ist. Um einer Antwort auf diese Frage näher zu kommen, wurden nun in einer direkten Vergleichsstudie der Interleukin-12/23-Inhibitor Ustekinumab sowie der TNF-α-Inhibitor Adalimumab untersucht. Dabei zeigten sich beide Substanzen als nahezu gleichwertig.

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PressekonferenzLeoni Burggraf, Hamburg

Sialorrhö

Glycopyrroniumbromid: Verbesserung der Lebensqualität mit effektivem Behandlungsmanagement

Eine gestörte zentralnervöse Kontrolle oder ein gestörter Schluckakt können zu einem krankhaft vermehrten Speichelfluss führen. Dies ist häufig bei Kindern mit Zerebralparese oder Erwachsenen mit Morbus Parkinson der Fall. Mögliche Folgen sind weitere, durch den Speichelfluss induzierte Erkrankungen sowie eine verminderte Lebensqualität. Da eine kausale Behandlung häufig nicht möglich ist, stützt sich das Behandlungsmanagement auf die Kombination von funktioneller Übungsbehandlung und medikamentöser Therapie. Für die pharmakologische Intervention bei Kindern steht mit Glycopyrroniumbromid jetzt eine neue Therapieoption zur Verfügung.

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PressekonferenzSaskia Fechte, Stuttgart

Hereditäres Angioödem

Zielgerichtete Langzeitprophylaxe mit Berotralstat

Mit Berotralstat steht die bisher einzige orale Langzeitprophylaxe zur Behandlung der seltenen Erkrankung Hereditäres Angioödem zur Verfügung [2]. Die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur erfolgte im April 2021. In einem umfangreichen Studienprogramm wurden die anhaltende Wirksamkeit und Sicherheit von Berotralstat nachgewiesen, somit erhalten HAE-Patienten die Aussicht auf ein weitgehend attackenfreies Leben. Ergebnisse aus der Zulassungsstudie APeX-2 sowie aktuelle Langzeitdaten und erste Erfahrungen aus der Praxis wurden bei einer Pressekonferenz im Juli 2022 präsentiert.