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EditorialDr. Peter Stiefelhagen, Starnberg

Neue Daten, neue Lichtblicke

Best of ASH 2019

Seite 117 - 124
ÜbersichtHans-Peter Lipp, Tübingen

Auswahl von Statinen vor dem Hintergrund neu verfasster Lipidleitlinien

Stellenwert von generischem Rosuvastatin

Die aktuell überarbeiteten europäischen Leitlinien zur risikoadaptierten Senkung des LDL-Cholesterol-Spiegels lassen sich in vielen Fällen nur mithilfe einer intensivierten Statintherapie umsetzen. Mit Simvastatin oder Atorvastatin lassen sich unter maximalen Tagesdosen zwar Senkungen von ca. 48 % bzw. 54 % erreichen, jedoch ist bei Simvastatin vor allem das vergleichsweise hohe Wechselwirkungsrisiko mit vielen anderen Arzneimitteln zu beachten. Der hydrophilere Vertreter Rosuvastatin zeichnet sich nicht nur durch eine deutlich höhere Wirksamkeit, sondern auch durch eine weitgehend Cytochrom-P450-unabhängige Ausscheidung, ein geringeres Myopathie-Risiko und ein insgesamt vergleichsweise niedrigeres Wechselwirkungsspektrum aus, sodass sich dieser Wirkstoff immer häufiger für dosisintensivierte Protokolle anbietet, wenn Fixkombinationen mit Ezetimib an ihre Grenzen stoßen. Auch gegenüber Atorvastatin zeichnet sich Rosuvastatin durch eine höhere Wirksamkeit aus, die durch das üblicherweise verwendete Dosisverhältnis von 2 : 1 unterschätzt wird. Absehbar ist deshalb mit einem deutlich umfangreicheren Verschreibungsvolumen von Rosuvastatin zu rechnen, zumal der Wirkstoff inzwischen in generischer Form verfügbar ist.
Arzneimitteltherapie 2020;38:117–24.

FlaggeEnglish abstract

Choosing statins in light of new lipid guidelines

In many cases, the revised European guidelines for risk-adapted management of LDL cholesterol can only be implemented with an intensified statin therapy. With simvastatin or atorvastatin, reductions of approx. 48% and 54% can be achieved at maximum daily doses. However, simvastatin has a comparatively high risk of drug interactions. The more hydrophilic rosuvastatin is characterized by a significantly higher efficacy, a mostly cytochrome-P450-independent excretion, a lower risk of myopathy and a comparatively lower overall spectrum of interactions. This results in a suitability for dose-intensive protocols when fixed combinations with ezetimibe reach their limits. Compared to atorvastatin, rosuvastatin is characterized by a higher potency, which is underestimated by the usually used 2: 1 dose ratio. Therefore, rosuvastatin will probably reach a much larger prescription volume – as the active ingredient is now available in generic form.

Key words: atorvastatin, rosuvastatin, simavastatin, statin, lipid guidelines, lipid management

Seite 125 - 136
ÜbersichtMagnus Diller und Ingo H. Tarner, Bad Nauheim

Pharmakotherapie des älteren, multimorbiden Patienten in der Rheumatologie

Der chronische Verlauf rheumatischer Erkrankungen und die Erstmanifestation einiger Krankheitsbilder im höheren Alter führen zu einer hohen Prävalenz an älteren Patienten in der Rheumatologie. Die Veränderungen der Pharmakokinetik und -dynamik sowie die steigende Zahl der Komorbiditäten lassen die Wahl der Therapie oft zu einer Gratwanderung zwischen Risiko und Effektivität werden. Zudem werden nur wenige Studien mit diesem Patientenkollektiv durchgeführt. Im Alltag werden ältere Patienten weniger häufig mit Biologika (bDMARD) behandelt als jüngere, obwohl der Einsatz konventioneller Basistherapeutika (csDMARD) aufgrund von Komorbiditäten vor allem des Herz-Kreislauf-Systems oder nicht ausreichender Effektivität oft nicht möglich bzw. ausreichend ist. Die meisten bDMARD können aber beispielsweise im Hinblick auf eine reduzierte Nierenfunktion bedenkenlos eingesetzt werden. TNF-Hemmer sind jedoch weiterhin bei Herzinsuffizienz ab NYHA III kontraindiziert. Es scheint zwar ein erhöhtes Infektionsrisiko insbesondere unter bDMARD und Januskinase-Inhibitoren (tsDMARD) bei älteren Patienten vorzuliegen, allerdings sind die Studienergebnisse hierfür oft sehr heterogen. Außerdem besteht das höchste Infektionsrisiko unter hoher Glucocorticoidtherapie. Das Infektionsrisiko unter bDMARD und tsDMARD bei älteren Patienten darf also nicht überbewertet werden. Die Auswahl der medikamentösen Therapie sollte daher eine individuelle und partizipative („Shared Decision-Making“) Entscheidung mit sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung sein.
Arzneimitteltherapie 2020;38:125–36.

FlaggeEnglish abstract

Pharmacotherapy of the elderly, multimorbid patient in rheumatology

In rheumatology, elderly patients represent a significant proportion of patients due to the chronic course of rheumatic diseases and primary manifestation of some diseases at an older age. In older patients, changes in pharmacokinetics and pharmacodynamics as well as an increased rate of comorbidities constitute a higher risk for pharmacotherapy. Thus, the choice of treatment can be challenging. Furthermore, only few studies have been performed in elderly patients. Real life data suggest that elderly patients are treated less frequently with biologic agents (bDMARD) compared to younger patients, although adequate treatment with conventional anti-rheumatic drugs (csDMARD) frequently is not possible due to comorbidities, particularly of the cardiovascular system, or lack of efficacy. In contrast, most bDMARD can be used for instance in patients with renal injury. TNF inhibitors (TNFi), however, are still contraindicated in patients with chronic heart failure at NYHA stages III and IV. Some studies suggest that the risk of infections is elevated in bDMARD and Januskinase inhibitor (tsDMARD) treatment but overall data on infections are heterogeneous. The highest risk of infections is seen in glucocorticoid therapy. Therefore, the risk of infections associated with bDMARD and tsDMARD, should not be overestimated in elderly patients. In summary, decisions on pharmacotherapy in an elderly patient should be shared between the patient and the physician and should be based on an individual risk-benefit assessment.

Key words: rheumatology, pharmacotherapy, elderly patients, multimorbidity

Seite 137 - 145
ÜbersichtMario Wurglics, Frankfurt/Main, und Christian Ude, Darmstadt

Cannabis und Cannabinoide als Arzneimittel

Mit der im Jahr 2017 beschlossenen Gesetzesänderung haben sich die Einsatzmöglichkeiten für Cannabis und Cannabinoide in Deutschland erheblich erweitert. Neben den seit langem verfügbaren Reinstoffen Dronabinol und Cannabidiol sowie dem Fertigarzneimittel Sativex® sind nun auch Cannabis-Blüten und Zubereitungen (z. B. Extrakte) daraus verschreibungsfähig. Die Verschreibung ist dabei nicht an eine Indikation geknüpft. Daher gilt es vor der Verordnung zu prüfen, wie sich die wissenschaftliche Datenlage zu Cannabis und Cannabinoiden in der gewählten Indikation darstellt und die Frage nach dem geeigneten Cannabisprodukt für den individuellen Patienten beantwortet. Orale oder inhalative Applikationsformen unterschieden sich in der Zeit bis zum Wirkeintritt und der Wirkdauer. Besondere Beachtung verdient die Dosierung, welche in jedem Fall nach dem Prinzip „Start low, go slow but treat to target“ erfolgen sollte. Nicht zuletzt hängt die Dosierung von der Indikation und den individuell auftretenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen ab. Der verantwortungsvolle Einsatz von Cannabis und Cannabinoiden kann die Symptomatik bei einigen Indikationen, wie chronische oder neuropathische Schmerzen, Spasmen bei multipler Sklerose, besonderen Formen der Epilepsien oder Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen, deutlich verbessern. Übertriebene Erwartungen sollten aber nicht geschürt werden.
Arzneimitteltherapie 2020; 38:137–45.

FlaggeEnglish abstract

Medical use of cannabis and cannabinoids

The amendment to the law passed in 2017 has considerably expanded the options for cannabis and cannabinoids in Germany. In addition to the long-standing availability of pure substances like dronabinol and cannabidiol, as well as the medicinal product Sativex® now also dried flowers and preparations (such as extracts) from it may be prescribed. The prescription is not linked to an indication. It is therefore important to examine, before the prescription, the scientific data on cannabis and cannabinoids in the chosen indication and to answer the question of the appropriate cannabis product for the individual patient. Oral or inhalative administration differs in time to onset and duration of action. Particular attention should be paid to the dosage, which should be done in each case according to the principle ʹstart low, go slow but treat to targetʹ. Last but not least, the dosage depends on the indication and the individually occurring adverse drug reactions.

The responsible use of cannabis and cannabinoids can significantly improve the symptoms of some indications, such as chronic or neuropathic pain, spasms in multiple sclerosis, particular forms of epilepsy or chemotherapy-induced nausea and vomiting. Excessive expectations should not be stoked.

Key words: cannabis, tetrahydrocannabinol, cannabidiol, nabilone, nabiximols, neuropathic pain, multiple sclerosis, epilepsy

Seite 148 - 149
Klinische StudieDr. med. Marianne Schoppmeyer, Nordhorn

Arteriosklerose

Bempedoinsäure: Neuer Cholesterolsenker verstärkt Wirkung von Statinen

Bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko reicht die Therapie mit einem Statin allein oft nicht aus, um den LDL-Cholesterol-Zielwert zu erreichen. Für diese Patienten könnte der ATP-Citrat-Lyase-Inhibitor Bempedoinsäure eine neue Therapieoption sein. Dies belegen Ergebnisse der Phase-III-Studie CLEAR Wisdom. In der Studie konnte der LDL-Cholesterol-Wert bei Hochrisikopatienten um weitere 15 % gesenkt werden, wenn zusätzlich zum Statin Bempedoinsäure verabreicht wurde.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Placebo

Open-Label-Gebrauch von Placebo bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer randomisierten Studie an Patienten mit chronischen Rückenschmerzen zeigte sich, dass die offene Gabe von Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie zu einer signifikanten Reduktion der Schmerzintensität im Vergleich zu einer alleinigen Standardtherapie führt. Die Therapie hatte keinen Einfluss auf die objektive Beweglichkeit der Wirbelsäule.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertDr. Sabine Fischer, Stuttgart

Myokardinfarkt

Wirksamkeit und Sicherheit von niedrig dosiertem Colchicin

Experimentelle und klinische Belege unterstützen die Hypothese, dass Entzündungen eine Rolle spielen bei der Entstehung von Arteriosklerose und daraus resultierenden Komplikationen. In der vorliegenden Studie untersuchten die Autoren den Einsatz von Colchicin bei Patienten mit frischem Myokardinfarkt.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertDr. Stefan Fischer, Stuttgart

NDMA-Verunreinigungen

Welche Gefahr besteht noch?

Seit den ersten Meldungen über NDMA-Verunreinigungen herrscht große Verunsicherung bei Patienten und Behandlern. Wir haben die aktuelle Situation für Sie zusammengefasst.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Sekundärprävention des Schlaganfalls

Behandlung erhöhter LDL-Cholesterol-Werte bei Patienten nach TIA und ischämischem Insult: Treat …

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Patienten, die einen ischämischen Insult oder eine TIA erlitten haben und unter einer Atherosklerose leiden, führt eine Senkung des LDL-Cholesterols auf unter 70 mg/dl zu einem niedrigeren Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse als ein Therapiekorridor zwischen 90 und 110 mg/dl.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Schlaganfall

Therapieziele beim Bluthochdruck in der Sekundärprävention des Schlaganfalls

Mit einem Kommentar des Autors
In einer japanischen randomisierten Studie ergab sich ein Trend zugunsten einer aggressiveren blutdrucksenkenden Therapie bei Patienten mit arterieller Hypertonie und stattgehabtem Schlaganfall. In einer Metaanalyse von vier randomisierten Studien ergab sich eine 22%ige Risikoreduktion zugunsten einer Blutdrucksenkung von unter 120/80 mm Hg.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Sekundärprävention des Schlaganfalls

Randomisierte Studie zu einem Schulungsprogramm für Patienten mit TIA und leichtem Schlaganfall …

Mit einem Kommentar des Autors
Ein strukturiertes Nachsorgeprogramm bei Patienten mit leichtem Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA) führte zu einer besseren Kontrolle vaskulärer Risikofaktoren. Das Programm hatte allerdings keinen Einfluss auf die Häufigkeit schwerwiegender vaskulärer Ereignisse und die Sterblichkeit.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Demenz

Therapie der arteriellen Hypertonie und Risiko einer Demenz oder einer Alzheimer-Erkrankung

Mit einem Kommentar des Autors
Eine Metaanalyse mit einem Beobachtungszeitraum von 7 bis 22 Jahren ergab keine Hinweise darauf, dass spezifische Klassen von Antihypertensiva besonders effektiv sind, das Risiko einer Demenz zu reduzieren. Allerdings sind wahrscheinlich alle Antihypertensiva in der Lage, durch ihre blutdrucksenkende Wirkung das Risiko für eine Demenz zu reduzieren.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Reutlingen

DAPA-HF-Studie bei Herzinsuffizienz

Dapagliflozin wirkt bei Diabetikern und Nichtdiabetikern ähnlich gut

Der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin verbessert Progression und Prognose einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) bei den Patienten ohne Diabetes mellitus ähnlich gut wie bei den Patienten mit der Stoffwechselerkrankung. Dies zeigte eine detaillierte Auswertung von Daten aus der DAPA-HF-Studie, die bei den Scientific Sessions der American Heart Association (AHA) im November 2019 in Philadelphia präsentiert wurde.

Seite 150 - 162
Referiert & kommentiertDr. Annette Junker, Wermelskirchen

Prävention venöser Thromboembolien

Mehr Blutungen unter Acetylsalicylsäure plus DOAK als unter DOAK allein

Bei Patienten mit Vorhofflimmern oder einer Krankheitsgeschichte mit venösen Thromboembolien (VTE) kam es unter der Kombination aus DOAK plus ASS (direktes orales Antikoagulans plus Acetylsalicylsäure) signifikant häufiger zu Blutungskomplikationen im Vergleich zur Monotherapie mit DOAKs. Das zeigte ein Bericht von sechs Antikoagulationskliniken im Staat Michigan, der während der 61. Jahrestagung der amerikanischen Hämatologen (ASH) im Dezember 2019 vorgestellt wurde. Nach einem Jahr gab es zwischen diesen beiden Patientengruppen dagegen keine Unterschiede im Hinblick auf die Häufigkeit von Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Thrombosen.

Seite 163
NotizenDr. rer. nat. Stefan Fischer

G-BA-Beschluss

Andexanet alfa

Mit einem Kommentar des Autors

Seite 164 - 167
Seite 168 - 173
PressekonferenzDr. Stefan Fischer, Stuttgart

Rheumatoide Arthritis

Infliximab als subkutane Injektion verfügbar

Wirksamkeit und Sicherheit einer subkutanen Infliximab-Injektion wurden in einer Phase-I/III-Studie geprüft. Die Ergebnisse präsentierten Referenten im Januar 2020. Der Veranstalter der Pressekonferenz war die Firma Celltrion.

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PressekonferenzDr. Petra Jungmayr, Esslingen

Akute myeloische Leukämie

Gilteritinib bei FLT3-Mutationen

Seit Kurzem steht der Zweitgenerations-FLT3-Inhibitor Gilteritinib zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidivierter oder refraktorischer akuter myeloischer Leukämie und FLT3-Mutationen zur Verfügung. In der Zulassungsstudie konnte die Überlegenheit von Gilteritinib gegenüber einer Rettungs-Chemotherapie im Hinblick auf das Gesamtüberleben und die Remission belegt werden. Diese Ergebnisse wurde auf einer Pressekonferenz im Januar 2020 vorgestellt. Veranstalter war die Firma Astellas Pharma.

Seite 168 - 173
PressekonferenzBeatrice Hamberger, Berlin

Brustkrebs und B-Zell-Lymphom

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate: Neue Chancen für Tumorpatienten mit schlechter Prognose

Eine hoch toxische Chemotherapie direkt in die Krebszellen bringen – das ist das Wirkungsprinzip von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten. Dass solche Präparate besonders vulnerablen Patientengruppen Überlebensvorteile bringen, zeigen Studien zum frühen HER2-positiven Mammakarzinom und zum diffus-großzelligen B-Zell-Lymphom. In Berlin wurden im Januar 2020 die neuesten Daten zu Trastuzumab Emtansin und Polatuzumab Vedotin vorgestellt.